Bei der Abwärmenutzung wird die bei einem Prozess anfallende Abwärme an andere Prozesse weitergeführt. Bei der Wärmerückgewinnung wird die Abwärme an den gleichen Prozess zurückgeführt, wie zum Beispiel in Lüftungsanlagen (warme Fortluft gibt die Wärme an die kalte Aussenluft). Hier wird die Nutzung der Abwärme von Kälteanlagen beschreiben.

Ziel und Vorgehen

Grundlagen zur Empfehlung und Kontrollmöglichkeit von Anlagen zur Nutzung der Abwärme bei gewerblichen Kälteanlagen.

Analyse von einigen Anlagen, Besprechungen mit Anlagenbetreibern, Spezialisten, technische und wirtschaftliche Beurteilung der überprüften Anlagen, Checkliste für die Abschätzung der Wirtschaftlichkeit, Checkliste für die Funktionskontrolle von bestehenden Anlagen.

Analyse der Mensa einer Fachhochschule

An der HTW in Chur ist für die Warmwasserversorgung eine Abwärmenutzung der Kälteanlage installiert. Der 500 Watt Tiefkühlkompressor (Minusanlage) und der 1500 W Kühlkompressor (Plusanlage) transportiert seine Abwärme in einen 500 Liter Warmwasserboiler. Dieses ist der Erste von 3 weiteren Boilern, welche mit Elektrizität geheizt werden und in Serie geschaltet sind.

Die Wärmeabgabe des Minussystems erfolgt über einen Wärmetauscher unten im Warmwasserboiler und die des Plussystems über einen mit einem Plattenwärmetauscher, welcher mit einer eigenen Umwälzpumpe ausgerüstet ist. Wenn der Warmwasserboiler seine Solltemperatur erreicht hat, löst der im Kondensator ansteigende Druck ein Ventil aus, welches die Wasserzufuhr zum Kondensator öffnet und die Kondensatorkühlung sicherstellt.

Kompressoranlage für die Mensa der HTW Chur, Links hermetischer Minusanlage, rechts halbhermetische Plusanlage.
Wärmespeicher mit externem Wärmetauscher.

Die Analyse der Anlage zeigte, dass die Plusanlage mehr als genug Wärme für die Warmwasserversorgung liefert und die Minusanlage gar nicht erforderlich wäre. Im Weiteren wurde festgestellt, dass das Ventil für die Kühlung mit Trinkwasser bei einer Warmwasserspeichertemperatur von 25 °C nicht richtig schliesst und dass dadurch nicht die ganze Abwärme genutzt wird und überflüssiges Trinkwasser verbraucht wird.

Die Funktion der Anlage wird weder gemessen noch überwacht. Wenn die Abwärmenutzung nicht funktioniert, dann wird das ganze Warmwasser elektrsich vom Temperaturniveau des Kaltwassers bis auf die Solltemperatur von 55 °C aufgeheizt und niemand merkt das.

Technik

Die Nutzung der Abwärme von Kälteanlagen zur Vorwärmung von Trinkwasser ist technisch einfach zu realisieren.

Ausgangslage für eine Kälteanlage (links) und einen Warmwasserboiler (rechts).
Einbausituation der Abwärmerückgewinnung mit dem Wasserspeicher welcher in Kältekreis zwischen der Kältemaschine und dem Rückkühler und im Warmwasserkreis vor dem Boiler eingebaut wird.

Der Kondensationskreis des Kompressors wird aufgetrennt und in der Zuleitung zum Kühler wird ein Wärmetauscher eingebaut. Dieser Wärmetauscher ist vorteilhaft direkt in einem Warmwasserspeicher eingebaut, dann wird keine Pumpe benötigt. Als Alternative kann der Wärmetauscher auch ausserhalb des Warmwasserspeichers sein. Der Warmwasserspeicher benötigt zwei zusätzliche Wasseranschlüsse und eine kleine Umwälzpumpe transportiert das Wasser von oben nach unten durch den Speicher.

Wenn zu wenig Warmwasser benötigt wird, dann erwärmt sich der Warmwasserspeicher auf über 60 °C und kühlt über den Wärmetauscher das Kältemittel zu wenig ab. Da die vorhandene Kühleinrichtung (Rückkühlanlage oder seltener Trinkwasserkühlung) sich aber immer noch im Kondensationskreis befindet, übernimmt diese automatisch die notwendige Kühlung, damit sich das Kältemittel wieder verflüssigt (kondensiert). Bei Warmwassertemperaturen unter etwa 40 °C sollte der Kühlventilator der Rückkühlanlage noch nicht anspringen. Eventuell muss die Ansteuerung des Ventilators auf einen höheren Druck eingestellt werden.

Kältemittelkreislauf im Druck-Enthalpie Diagramm eines üblichen Kältemittels mit -30 °C Verdampfertemperatur (Kühlraumtemperatur -20 °C) und 50 °C Kondensatortemperatur (Umgebungstemperatur 40 °C). Nach dem Kompressor ist das Kältemittel überhitzt und etwa 110 °C heiss. Die sensible Wärme aus der Abkühlung (Fachbegriff Enthitzung) bis zur Kondensationstemperatur im Verflüssiger kann für die Erwärmung des Warmwassers über die Kondensationstemperatur verwendet werden.

Ausser der Ansteuerung der kleinen Umwälzpumpe bei einem externen Wärmetauscher wird keine Steuerung benötigt. Das Aufheizen des Warmwassers auf die Solltemperatur erfolgt im vorhandenen Warmwassersystem, welches nicht mehr am Kaltwasser angeschlossen ist, sondern am Ausgang des Warmwasserspeichers für die Abwärmenutzung. Wenn mehr Warmwasser benötigt wird, als die Kälteanlage erwärmen kann, dann erfolgt die Erwärmung automatisch über die schon vorhandene Temperaturregelung der Boiler. Wenn die Abwärme von mehreren Kompressoren genutzt werden soll, dann ist für jeden Kältemittelkreis ein eigener Wärmetauscher erforderlich. Je tiefer die gewünschte Kondensationstemperatur des jeweiligen Kältekreises ist, desto weiter unten sollte der entsprechende Wärmetauscher im Warmwasserspeicher eingebaut werden.

Da der Kältemittelkreis und das Trinkwassersystem geöffnet werden muss, sind für die Ausführung die entsprechenden Fachleute (Kältemonteur und Sanitärinstallateur) erforderlich. Weil das Grundprinzip so einfach ist, empfiehlt es sich, die Ausführung auch einfach zu halten und auf komplizierte Regelsysteme zu verzichten.

Dimensionierung

Zuerst wird das Abwärmeangebot aus den Öffnungsflächen der installierten Kältemöbel und dem Volumen der Kälteräume errechnet. Je grösser diese sind, je tiefer die Temperatur ist und je schlechter ihr Zustand ist, desto mehr Abwärme steht zur Verfügung. Grundlagen für eine einfache Abschätzung sind zum Beispiel unter Kälte zu finden. Dabei bietet sich auch Gelegenheit, Verbesserungsvorschläge für die Kälteanlage auszuarbeiten. Meistens ist das Abwärmeangebot grösser als der Warmwasserbedarf. Wenn eine Elektrizitätsverbrauchsmessung der Kälteanlage vorhanden ist, dann können diese Werte verwendet werden. Das Abwärmeangebot ist etwa doppelt so gross, wie der Stromverbrauch.

Danach sollte der Warmwasserverbrauch bestimmt werden, was meistens schwieriger ist. Bei einem Elektroboiler mit Nachtladung kann die Temperatur vor der Ladung abgelesen werden. Der tägliche Warmwasserverbrauch ist das Boilervolumen mal das Verhältnis der Ablesetemperatur weniger die Kaltwassertemperatur zur Solltemperatur am Morgen minus die Warmwassertemperatur. Wenn keine Messung des Warmwasserverbrauchs oder zur Erwärmung benötigten Energie vorhanden ist, dann muss der Warmwasserverbrauch aus den Anwendungen bestimmt werden. Grundlagen für eine einfache Abschätzung sind zum Beispiel unter Warmwasser zu finden. Im Wohnbereich beträgt der Warmwasserverbrauch etwa 15% des Wasserverbrauchs.

Zum Abschluss der Dimensionierung vergleicht man das Abwärmeangebot mit dem Wärmebedarf für das Vorwärmen des Warmwassers. Vereinfacht muss der elektrische Energiekonsum der Kälteanlage etwa die Hälfte des Energieaufwandes für die Warmwassererzeugung betragen. Beim Warmwasser kann etwa bei genügend grossem Speicher und vernünftigen Solltemperaturen um die 55 °C die bisher benötigte Wärme von etwa 50 kWh pro Kubikmeter Warmwasser eingespart werden.

Kontrolle, Optimierung

Die Kontrolle der Anlagenfunktion erfolgt am einfachsten über die Temperatur im Warmwasserspeicher. Wenn das Wasser dort wärmer als das Kaltwasser ist, dann funktioniert die Anlage. Zusätzlich kann geprüft werden, ob bei Warmwassertemperaturen unter 40 °C die Ventilatoren der Rückkühlanlagen nicht laufen, oder bei wassergekühlten Anlagen das Kühlwasser.

Die Einstellung der Kälteanlage sollte primär für die Kühlung optimiert sein. Je nach Anlage, Kompressor und verwendetem Kältemittel gibt es einen zulässigen maximalen Heissgasdruck (welcher der Kondensationstemperatur zugeordnet werden kann). Je tiefer die Kondensationstemperatur ist, desto weniger elektrische Energie wird für die notwendige Kälteenergie gebraucht aber desto weniger Energie kann in die Warmwasservorwärmung gesteckt werden, weil die nachgelagerte Wassererwärmung bis zur Solltemperatur mehr Energie benötigt. Es wäre aber schade, wenn die Kälteanlage die meiste Zeit suboptimal läuft und nur ab und zu etwas Wasser vorwärmen kann.

Mit einer ausgeklügelten Regelung könnte man ein solches System optimieren, eine Ausdehnung auf die Bereitstellung von Raumwärme wäre auch möglich. Solange es aber auf dem Markt dafür keine günstigen und erprobten Standardlösungen gibt, sind die Kosten und die Störungsanfälligkeit unbefriedigend.

Wirtschaftlichkeit

Die Rentabilität der Abwärmenutzung hängt vor allem vom Warmwasserverbrauch ab. Schon bei kleinen Kälteanlagen kann eine solche Installation rentabel sein. Branchen mit einem grossen Potenzial für die Abwärmenutzung sind:

  • Verpflegung: Café, Restaurant, Kantine, Hotel, Altersheim, Spital
  • Lebensmittelbereich: Metzgerei, Bäckerei, Lebensmittelladen mit Wohnungen
  • Tankstellenshops, vor allem mit Autowaschanlagen

Für die Abschätzung der Rentabilität wurde das in Abbildung 6 gezeigte Tabellenkalkulationsblatt erstellt. Anhand des Wärmeangebotes und des Warmwasserverbrauchs kann die Rückzahldauer ermittelt werden.

Bei dieser Gelegenheit ist zu erwähnen, dass bei geringem Warmwasserbedarf auch mit Wärmepumpenboiler mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs eines Elektroboilers eingespart werden kann. Eine ideale Platzierung wäre im gleichen Raum wie die warmen Kältekompressoren. Zusätzlich gibt es noch die umweltschonende Warmwasseraufbereitung mit Sonnenkollektoren, wobei dafür grosse Speichervolumen erforderlich sind.

Berechnung Abwärmenutzung mit Excel

Berechnungsblatt in Excel für die Abschätzung der Wirtschaftlichkeit der Abwärmenutzung in Kälteanlagen. Die Bestimmung des Abwärmeangebotes ist aufgeteilt in den Minus- und Plusbereich. Für den Warmwasserverbrauch kann auch direkt der tägliche Warmwasserverbrauch eingeben werden. Weitere Erklärungen sind auf dem Tabellenblatt rechts von der Eingabeseite zu finden.